Brot: Mythos und Wahrheit

Brot - kaum ein anderes Lebensmittel wird in Deutschland ähnlich glorifiziert und mystifiziert

Eigentlich ist nichts einfach als Brot zu backen, und nichts schwieriger. Mehl, Wasser, Salz und Hefe sind die Grundzutaten - mehr nicht! vgwort


brot naan roti
Ein richtiger Natursauerteig besteht nur aus Mehl, Wasser und Salz.

Dieser lässt sich sehr leicht selbst ansetzten, es dauert nur ein paar Tage, die dafür nötigen Milchsäurebakterien und Hefepilz(sporen) befinden sich in unserer Umgebungsluft. Natürlich besteht auch die Gefahr, dass unerwünschte Mikroben schneller sind als die gewünschten, wer da auf Nummer sicher gehen will, kann auch fertige Natursauerteige verwenden oder sich bei einem Traditionsbäcker oder von Freunden einen Ansatz geben lassen. Zwei Drittel aller Brote und Brötchen werden beim Discounter, im Supermarkt oder in Backshops gekauft. Bei vielen Bäckern kann man inzwischen auch sicher sein, dass man ein Industriebrot, sei es aus fertigen Backmischungen oder tiefgekühlten Teiglingen aus der Fabrik, überreicht bekommt.

Je größer die Auswahl bei Deinem Bäcker ist, vor allem an Trend-Broten wie König-Ludwig, Omega-3, Weltmeister u.v.m. umso wahrscheinlich ist es, dass eine Industrielle Fertigung oder Backmischungen dahinterstecken. Doch auch Dir (und mir) muss man an der aktuellen Situation eine gewisse Mitschuld geben. Die traditionelle handwerkliche Backkunst ist zeit- und arbeitsaufwändig und bedingt einen Preis pro Brot, den viele schon lange nicht mehr zu zahlen bereit sind - doch was für einen Preis bezahlen wir jetzt. Ein weiteres Indiz dafür ist die Zutatenliste, die man sich beim Bäcker zeigen lassen kann. Noch ist diese keine Pflicht, wird aber von der Bäckerinnung empfohlen. Wenn mehr als nur natürliche Zutaten darauf stehen, kann man eine traditionelle handwerkliche Herstellung ausschließen.

Doch ich will nicht pauschal alle Fabrik-Brote verteufeln, es gibt auch Hersteller und Brotsorten, die mit wenigen natürlichen Zutaten auskommen, da verschafft ein Blick auf die Rückseite der Verpackung in die Zutatenliste Gewissheit und das sind eher nicht die hochpreisigen Brote aber auch selten die Billigsten. Ganz ohne Extras kommen die allerdings auch nicht aus, denn Hilfsstoffe wie etwa Enzyme (viele davon werden von gentechnisch veränderten Mikroorganismen produziert) müssen nicht in der Zutatenliste aufgeführt werden. Ohne industrielle Techniken ließe sich die benötigte Menge Brot gar nicht produzieren, da muss man leider gewisse Kompromisse eingehen.

Egal ob vom Bäcker, aus dem Supermarktregal oder der Tiefkühltruhe wichtig ist, dass Natursauerteig, besonders bei Roggen- und Roggenmischbroten verwendet wird und keine Teigsäuerungsmittel, die nur den Geschmack nachahmen. Nur durch Sauerteig werden gewisse Abwehrstoffe abgebaut, die in den Körnern (Samen) enthalten sind, diese sollen in der Natur das Samenkorn davor schützen von Fraßfeinden gefressen zu werden. Die Pflanze wendet viel ihrer Lebenszeit und Energie auf, um mit den Samen die Art zu erhalten, nur wenn das Korn keimen kann und ein Sämling daraus wird, wird daraus die nächste Generation an Pflanzen.

Der Sauerteig sorgt auch dafür, dass sich das Brot lange frisch hält, meine selbstgebackenen Brote (damals) waren auch noch nach vier oder fünf Tagen richtig lecker und saftig.

Die Sendung "Mythos deutsches Brot" des NDR Panorama zeigt sehr anschaulich wie es um das traditionelle Bäckerhandwerk steht.

Brot spielt in vielen Kulturen und auch Religionen der Welt eine wichtige Rolle, wobei es nicht selten von Ritualen und religiösen Vorschriften begleitet wird. Grundlegend wird Brot in gesäuerte (Sauerteig) und ungesäuerte Brote (wie die meisten Fladenbrote) unterschieden. Dünne Fladenbrote benötigen nicht einmal Hefe als Triebmittel, dazu wird Getreidebrei einfach auf einer heißen Platte gegart. Aus den Fladenbroten hat sich im Christentum die Hostie entwickelt, die während der Heiligen Messe an die Gläubigen verteilt wird und den Leib Christi symbolisiert.

Sehr dünne Fladenbrote werden gerne mit allerlei Zutaten gefüllt und zusammengerollt (Tortillas) oder in Stücke gerissen um damit Gemüse, Fleisch und Soßen aufzunehmen und so bequem in den Mund führen zu können. Bei etwas Dickeren wird oft die Ober- von der Unterseite getrennt und die so entstehende Tasche gefüllt. Frisches Brot, egal ob Fladenbrot oder Brotlaibe, sind höchstens nur wenige Tage frisch und nicht lange Lagerfähig. Dünne Fladenbrote wie Knäckebrot oder Schüttelbrot werden nach dem Backen extra getrocknet und lassen sich deshalb lange lagern.

Mit "Brot und Spielen" wurde schon in der römischen Antike das gewöhnliche Volk beeinflusst und noch heute spielt die Verfügbarkeit und der Preis des Brotes eine maßgebliche Rolle bei der Zufriedenheit des Volkes. Steigt der Preis des Brotes, steigt auch die Rebellionslust der Bevölkerung und die Herrschenden müssen nicht nur befürchten, dass ihnen nicht nur die Butter vom Brot genommen wird, sondern auch der Kopf von den Schultern. Brotfrevel, Brotverschwendung und das Strecken des Brotes mit minderwertigen oder gar ungenießbaren Ersatzstoffen ist heute wie damals moralisch höchst verwerflich und oft auch strafbar.

Es gibt eine Reihe von Gerichten, deren Hauptbestandteil altes und trockenes Brot ist. Von der einfachen Brotsuppe, bei der trockenes Brot mit einer Brühe eingeweicht wird über Semmel- und Brotknödel, Arme Ritter bis zu Semmelbrösel die zum Panieren und lockern/binden von Hackfleischgerichten verwendet werden.

Beim Thema Brot optimal aufbewahren scheiden sich die ideologischen Geister. Wenn ich selbst Brot backe (mit ordentlichem Sauerteiganteil), dann bedecke ich nur die Schnittfläche und das untere Drittel mit Alufolie und lasse es auf der Schnittfläche auf einem Brettchen stehen - so wird die Kruste nicht zäh. Ein traditionelles Brot mit hohem Sauerteiganteil bleibt 4 bis 5 Tage saftig und frisch. Alternativ ließe sich so ein Brot auch gut in einem Steingut- oder Keramiktopf aufbewahren, nach drei Tagen kann man ein Stück Apfel dazu legen, der das Austrocknen verzögert. Ist abzusehen, dass es nach 5 Tagen nicht gegessen ist, solltest Du es sofort nach dem Kauf teilen und eine Hälfte im Gefrierfach oder Kühlschrank lagern. Nur kühle Temperaturen verringern die Aktivitäten von Mikroorganismen und es schimmelt nicht so leicht.

Toastbrot kann komplett ins Tiefkühlfach, bei Bedarf kommen die Scheiben ohnehin in den Toaster und die letzte Scheibe schmeckt genauso gut wie die Erste. Im Sommer, die Jahreszeit, in der der Regen wärmer als 10°C ist, sollten Brot, Brötchen und auch alle anderen Backwaren maximal 2 Tage bei Raumtemperatur gelagert werden. Nicht mehr ganz so saftige Brotscheiben lassen sich auch gut toasten, das klappt auch bei Brötchen vom Vortag ganz gut. Über Brötchen kurz kaltes Wasser laufen lassen, bevor sie auf den Brötchenbügel des Toaster kommen. Trockenes Brot oder Brötchen mit einer (stabilen) Reibe zu Semmelbröseln verarbeiten, die schmecken wesentlich besser als fertiges Paniermehl.

Brot selber backen